Immobilienwirtschaft
Die Sommerumfrage 2020 der CSL Immobilien AG bei knapp 300 Immobilienexperten zeigt, wie die Pandemie die Nachfrage an den fünf wichtigsten Büromärkten der Schweiz verändert hat und was für das kommende Jahr zu erwarten ist.
Von Patricia Reichelt

Citylagen trotzen der Krise

Am Wohnimmobilienmarkt löste die Corona-Pandemie einen Nachfrageschock aus, der jedoch nur von sehr kurzer Dauer war. Im Büromarkt dagegen werden die Auswirkungen nur verzögert spürbar und zeigen sich regional sehr unterschiedlich, wie die diesjährige Sommerumfrage der CSL Immobilien zeigt. Die Büronachfrage hat sich in den meisten Stadtquartieren und Agglomerationsstandorten der fünf Schweizer Wirtschaftsräume Zürich, Basel, Bern, Genf und Lausanne als Folge der durch die Pandemie ausgelösten Rezession deutlich abgeschwächt.

Selbst Top-Bürostandorte wie Zug haben einen Nachfragerückgang erlitten. Die Citylagen blieben jedoch als Fels in der Brandung bestehen: In allen fünf Wirtschaftszentren beobachtet ein grosser Teil der Umfrageteilnehmer im Central Business District (CBD) eine weiterhin hohe Nachfrage: In Zürich gilt dies für zwei Drittel der Befragten, in Basel für 89 Prozent und in Bern ist der Anteil mit 85 Prozent sogar deutlich höher als im Vorjahr. Auch Lausannes City bleibt äusserst gefragt. In Genf dagegen beurteilen nur rund die Hälfte der Befragten die Nachfrage als positiv. Damit hinkt die Rhonestadt anderen Wirtschaftszen­tren weiterhin hinterher.

Shared-Office-Betreiber holen als Nachfrager weiter auf

Seit 2019 definiert CSL Immobilien in ihrer Umfrage Coworking-Anbieter als ­separate Nachfragerbranche auf dem Büroflächenmarkt. Im Vorjahresvergleich zeichnet sich nun ein klares Bild ab: In allen Städten ausser Zürich hat sich die Nachfrage aus dieser Branche beinahe verdoppelt, in Lausanne sind die Shared-Office-Betreiber sogar mit einem Drittel der wichtigste Nachfrager auf dem Markt. In Zürich ist ihr Anteil zwar innert Jahresfrist von 12 Prozent auf 5 Prozent gesunken; in der Limmatstadt haben sich im Vergleich zu den anderen Wirtschaftszentren jedoch bereits mehrere Anbieter mit zahlreichen Standorten etabliert. Shared-Office-Anbieter sind offensichtlich gekommen, um zu bleiben.

Interessant ist, dass während der aktuellen Pandemie die Anteile der jeweiligen Branchen an der Nachfrage vergleichsweise stabil geblieben sind und nur wenige Verschiebungen aufweisen. In Zürich führt nach wie vor die IT- und Kommunikationsbranche mit einem Anteil von 19 Prozent die Nennungen an, dicht gefolgt vom Gesundheitswesen und dem Bildungssektor. Auch in der Bundeshauptstadt mausert sich die IT- / Kommunikationsbranche mit einem Drittel der Nennungen zur mit Abstand bedeutendsten Nachfragerin. In Basel dagegen bleibt die Branche Medizin / Biotech / Pharma mit knapp einem Drittel unangefochten die wichtigste Abnehmerin von Büroflächen. Das im letzten Jahr noch ausgeglichene Branchenprofil in Genf weist die meisten Veränderungen auf: Insbesondere der Gesundheitssektor profitiert auf Kosten der Finanz- und Dienstleistungsbranche.

Noch keine Zäsur wie nach der Finanzkrise

Für die Zusatznachfrage am Büroflächenmarkt sind Wachstum und Neugründungen von Unternehmen entscheidend. Diese haben in Zürich trotz Corona-Krise nur um einen Drittel zu Gunsten von Kostensenkungen abgenommen. Damit geben immerhin noch 16 Prozent der Umfrageteilnehmer an, dass Wachstum und Neugründungen Hauptursache für die Suche nach neuen Flächen sind. In Basel geben diese beiden Hauptgründe sogar wie im Vorjahr ein Drittel der Umfrageteilnehmer an. Im Vergleich dazu waren nach der Finanzkrise 2008 die Werte in Zürich und Basel deutlich stärker zurückgegangen. Befragungen in den übrigen Regionen sind zum damaligen Zeitpunkt noch nicht durchgeführt worden.

Die Entwicklung in Zürich und Basel gibt aber Hoffnung, dass der Büromarkt in den kommenden Jahren eine nicht ganz so starke Zäsur erleiden wird wie nach der Finanzkrise. Auch in Bern sind Lichtblicke für eine Zusatznachfrage erkennbar: Immerhin geben auch dort 16 Prozent der Umfrageteilnehmer Wachstum und Neugründungen als Hauptgrund für die Nachfrage an. Düster sieht es für eine Zusatznachfrage dagegen in der Romandie aus: Weder in Genf noch in Lausanne sind Wachstum oder Neugründungen 2020 als wichtigster Nachfragegrund genannt worden.

Steigender Aufwand und verhaltene Erwartungen

Die befragten Akteure geben im Vergleich zum Vorjahr in allen Regionen einen deutlich gestiegenen Vermarktungsaufwand an. Gleichzeitig wachsen die Ansprüche und die Preissensitivität der Nutzer, sodass die ebenfalls zunehmenden Zugeständnisse der Eigentümer die logische Folge sind. Diese werden in den meisten Fällen in Form von Ausbaukostenbeteiligungen gewährt. Mietfreie Zeit oder Early-Break-Options werden im deutlich geringeren Masse als Incentive genutzt. Weniger ins Gewicht fällt bei den meisten Umfrageteilnehmern dieses Jahr der Zeitdruck im Such- oder Vermietungsprozess. Der Einfluss der Branchenstruktur auf die Nachfrage widerspiegelt sich bei den Erwartungen der Umfrageteilnehmer für das kommende Jahr. Insbesondere in Bern, aber zum Teil auch in Basel wird die zukünftige Nachfrage weniger pessimistisch eingeschätzt als in den übrigen Wirtschaftsräumen. Dennoch sind sich die meisten Akteure in allen Regionen einig, dass die Mietpreise sinken und die Leerstände ansteigen werden. Der letztjährige Optimismus für eine Erholung des Büromarkts ist vorerst verpufft.