Bau & Haus
Die Bauarbeiten des neuen Bündner Verwaltungszentrums Sinergia in Chur sind seit April abgeschlossen. Nach langem Warten wegen des Corona-Lockdown erfolgte vor wenigen Wochen der Umzug von 440 Personen an ihren neuen Arbeitsort.
Von Angelo Zoppet-Betschart, Foto: Ingo Rasp

Lange Vorgeschichte

Mit dem Neubau des Verwaltungszentrums Sinergia an der Ringstrasse 10 in Chur ist ein Meilenstein der kantonalen Immobilienstrategie abgeschlossen. Das Ziel war, einzelne in der ganzen Stadt verstreute Departemente und Dienststellen zusammenzufassen und die Effizienz und den Kundennutzen zu steigern. Von der Idee eines zentralen und modernen Verwaltungszen­trums bis zum effektiven Bezug in den Monaten August und September dieses Jahres dauerte es lange. Fast endlose 15 Jahre. Es war ein langer, mühsamer Weg mit Höhen und Tiefen. Die kantonale Verwaltung Graubünden wurde im Jahr 2005 reorganisiert. Man ermittelte den Büroraumbedarf auf dem Platz Chur aufgrund der Neuordnung der Departemente. Das neue Büro- und Verwaltungsgebäude Sinergia ist das Herzstück der vor 15 Jahren eingeleiteten und an fünf Aussenstationen bereits umgesetzten neuen Immobilienstrategie des Kantons Graubünden und führt 440 Arbeitsplätze zusammen.

Warum dauerte es so lange? Zunächst: Die politischen Vorbereitungsarbeiten mit drei Botschaften an den Grossen Rat und die Testplanung dauerten bis zum Sommer 2011. Im März 2012 genehmigte das Bündner Stimmvolk einen 70-Millionen-Kredit für den Neubau nur ganz knapp. Es folgte eine Stimmrechtsbeschwerde, dann verzögerten das Arealplanverfahren für Chur West und schliesslich Einsprachen gegen den Quartierplan den Baustart. Erst im März 2017erfolgte nach einer intensiven Projekt- und Ausführungsplanung der langersehnte Spatenstich und im Frühjahr 2020 waren die Bauarbeiten des neuen Verwaltungszen­trums abgeschlossen. Der sichtlich erleichterte und hocherfreute Regierungsrat Mario Cavigelli: «Inzwischen ist Sinergia zur etablierten Marke geworden und das Verwaltungszentrum ist ein eigentlicher Leuchtturm. Unser Anspruch, ein Gebäude für die nächste Generation zu bauen, das bezüglich Technologie, Energie und Arbeitsabläufe neue Standards setzt, ist vollauf erfüllt.»

70-Millionen-Projekt

Entstanden ist ein hochfunktionales Gebäude im nordwestlichen Parzellenbereich des Kasernenareals. Sozusagen als Auftakt für die städtebauliche Entwicklung von Chur West. Entsprechend den im Quartier oft vorhandenen Typologien komponierten die Churer Architekten Jüngling + Hagmann das Verwaltungsgebäude aus einzelnen prismatischen Volumen zu einer kammartigen Grossform. Damit bilden Gebäudeform und Aussenräume ein in sich geschlossenes Ganzes, das sich in die vorhandenen Muster entlang der Ringstrasse sehr gut einfügt. Der sehr diskrete, zurückhaltende Haupteingang, mit den von einer persischen Künstlerin auf dem Asphaltvorplatz aufgemalten Ornamenten, verschwindet fast in einer Ecke der Baukörper. Trotzdem: Das Bauwerk ist klar gegliedert und gut proportioniert. Die saubere geometrische Ordnung verleiht dem Gebäude Klarheit mit entsprechender Orientierung in der Wahrnehmung – aussen wie innen.

Für die Gestaltung des Aussenraumes war das übergeordnete Konzept einseitiger Alleen entlang der städtischen Strassen wegweisend. Dazu Kantonsbaumeister Markus Dünner: «Die Gartengestaltung berücksichtigt subtil die vom Gebäude vorgezeichnete Ordnung und knüpft mit der Bepflanzung an die Nachhaltigkeitsziele der Planung an.» Die feldartigen Bepflanzungsmuster sollen an die ehemalige grossflächige Landwirtschaftsnutzung der Rheinebene erinnern. Diese Pflanzfelder sind durchwegs mit einheimischen, essbaren Beeren und Früchten bestückt. Sie entwickeln sich zu einem öffentlichen Naschgarten.

Gebäude mit besonderem Charme

Die grosse zentrale Eingangshalle im Erdgeschoss ist eindeutig der Mittelpunkt des Grundrisses. Der Haupteingang sowie der von der Aussenterrasse herführende Nebeneingang führen direkt zum zentralen Informations- und Empfangsschalter. Zusammen mit den daran angelagerten Liftanlagen und der mittigen Haupttreppe aus Stahl ergibt dies eine klare und übersichtliche Gesamtsituation. Weitere öffentliche Nutzungen wie Besprechungsräume, das gediegene Restaurant sowie Aufenthalts- und Wartebereiche schliessen direkt an die Eingangshalle an. Ein besonderer Blickfang ist die geschwungene ellipsenförmige Stahl-Haupttreppe. Die über 50 Tonnen schwere Treppe hängt frei schwebend über sechs Geschosse an Zugstangen.

In den drei von der Gebäudemitte ausgehenden Gebäudearmen sind die Büroflächen der vielen und unterschiedlichen Amtsstellen platziert. Die Schaffung verschiedener Zonen ermöglicht ein optimales Arbeiten in dazu geeigneten speziellen Bereichen. Nebst den Standard-Arbeitsplätzen bietet das neue Verwaltungszentrum auch ruhige Bereiche für das konzentrierte Arbeiten, weiter Meeting- und Kommunikationszonen sowie Projekträume oder Service-Points für das Scannen und Drucken. Markus Dünner erklärt: «Wichtig bei der Schaffung solch offener Arbeitslandschaften ist der Einbezug der neuesten Erkenntnisse bezüglich Akustik und Tageslichtnutzung. Nur helle und ruhige Räume schaffen ein behagliches Arbeitsklima.»

Moderne und behagliche ­Arbeitsplätze

Der angestrebte dezente «Edel-Werkstattcharakter» wurde mit einer einfachen, robusten und zweckmässigen Materialisierung erreicht, auch mit dem Verzicht auf ­eine aufwändige Veredelung der Oberflächen. Dazu trägt ebenfalls die zum Teil sichtbare Leitungsführung bei, eingebunden in ein offenes, loftartiges Raumsystem. Die sorgfältig gestalteten Kommunikations- und Gemeinschaftszonen zeigen das schöne Zusammenspiel von Beton und Arvenholz – ergänzt mit Pastellfarbtönen. Das optische Stimmungsbild wird durch den feinen Geruch der Arvenverkleidungen begleitet und gesteigert.

Die feingliedrige Fassadenstruktur aus Betonelementen und hinterlüfteten Blechverkleidungen erforderte eine fachübergreifende und ausgefeilte Planung und Entwicklung. Die Fassadengestaltung führt wegen den vertikalen Verteilungen zu einem eigenen, ungewohnten Ausdruck. Bei der Positionierung der Verteilleitungen war der durchgehende Stützenraster wegweisend, der auf die wählbaren und verlangten Bürogrössen optimiert ist. Die festverglasten Fenster sind mit einem schmalen Lüftungsflügel im Rahmenbereich ergänzt. Die äusseren Fensterelemente, als feine und tiefe Betonrahmen ausgebildet, prägen das Fassadenbild. Dazwischenliegende, mattfarbige Fassadenelemente aus Alucobond-Verbundplatten decken das hinterlüftete Konstruk­tionssystem ab.

Ganzheitlich nachhaltig

Das neue Verwaltungsgebäude ist ein höchst energieeffizientes und nachhaltiges Gebäude, digital geplant mit BIM (Building Information Modeling). Zertifikate und Höchstnoten zeugen davon: Minergie-P-Eco® und SNBS-Auszeichnung in Platin. Das Verwaltungszentrum Sinergia schliesst eine Lücke im Stadtraum von Chur und ist mit dem öffentlichen Verkehr gut erreichbar. Dank der öffentlichen Erdgeschossnutzung wird es zum Anziehungspunkt in einem sich veränderten Dienstleistungs- und Arbeitsquartier. Der Vorsteher des Departements für Infrastruktur, Energie und Mobilität, Regierungsrat Mario Cavigelli, sagt nicht ohne Stolz: «Der Kanton als attraktiver Arbeitgeber hat die verschiedensten Berufsfelder in diesem wegweisenden Gebäude unter einem Dach vereint.»