Bau & Haus
Vor fünf Jahren schloss die NZZ-Mediengruppe ihre Druckerei in Schlieren. Nun entsteht in den prestigeträchtigen Gebäuden unter dem neuen Namen «Jed» ein neues Zentrum für Wissenstransfer, Innovation und Unternehmertum.
Von: Angelo Zoppet-Betschart

Älteste Zeitung schliesst ihre Druckerei

Die NZZ-Mediengruppe baute vor gut 30 Jahren in Schlieren an zentraler Lage ein neues Druckzentrum. 2004 wurde die NZZ-Druckerei erweitert und umgebaut. Ende 2014 erklärte die NZZ-Mediengruppe, dass sie den Druckbetrieb in Schlieren auf Ende Juni 2015 einstelle und ihre Flaggschiffe «Neue Zürcher ­Zeitung» und «NZZ am Sonntag» künftig im Druckzentrum der Tamedia drucken lasse. Dabei verloren 125 Angestellte ihren Arbeitsplatz. Nach fast 25 Jahren Betriebszeit wären Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe fällig, diese lohnten sich aber nicht mehr, begründete die NZZ-Gruppe diesen Schritt. Der Prestigebau war für 26 Mio. CHF zu haben. Investoren erhalten für diesen Preis 24 000 Quadratmeter Nutzfläche und ein Grundstück von 26 700 Quadratmetern.

Bereits im Dezember 2015 kaufte die Immobiliengesellschaft Swiss Prime Site das ehemalige NZZ-Druckzentrum an der Zürcherstrasse in Schlieren. Die neue Besitzerin will die Gebäude erhalten und zu einem überregionalen Bildungszentrum umbauen. Angedacht seien neben Infrastruktur für Aus- und Weiterbildungen sowie Forschung und Entwicklung – auch Coworking-Spaces und Räume für das Gemeinwesen, Sport und Kultur sind denkbar. Die Swiss Prime Site AG ist wohl die führende kotierte Immobilien- und Investment­gesellschaft der Schweiz. Ihr Portfolio im Wert von 12 Mrd. CHF besteht aus erstklassig gelegenen, wertbeständigen Qualitätsliegenschaften. Die Swiss Prime Site AG sieht sich trotz Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Schweizer Wirtschaft weiterhin gut aufgestellt. Swiss Prime Site forciert schon seit einiger Zeit innovative und ressourcenschonende Bauprojekte: Eines davon ist eben das NZZ-Druckzentrum, das neu den Namen Projekt JED (steht für Join Explore Dare) erhielt. Dieses ambitionierte Projekt soll neue Massstäbe in Sachen Nachhaltigkeit setzen. JED wird ein Zentrum für Wissenstransfer, Innovation und Unternehmertum und ist ein Leuchtturmprojekt: Umnutzung von zwei bestehenden Bauten und ein drittes Gebäude entsteht neu. Mit der geänderten Nutzung erhält das neben dem Bahnhof gelegene Areal auch ein neues Image.

Projekt Jed wird Start-up-Magnet

Zum Projekt JED erklärt Planerin Jessica Mentz: «Das Projekt Hallen- und Kopfbau begleiten wir seit rund drei Jahren. Begonnen hat alles mit einem Teilprojekt, das sich mit der Zeit zu einem recht aussergewöhnlichen Gesamtprojekt entwickelt hat.» Das Areal ist für einen sogenannten User-Mix konzipiert. In den zwei Bestandsgebäuden wurde ein übergeordnetes Nutzungsangebot entwickelt, das raumübergreifend vom Kopf- zum Hallenbau die öffentlichen Bereiche, unter anderem mit einem Restaurant, einer Eventhalle und teilbaren Foyer-Bereichen beleben soll. Der Gesamtraum ist so gestaltet, dass er vielfältig erlebbar ist und ein breites Spektrum an Aufenthaltsmöglichkeiten und Flexibilität bietet. Im Rahmen der Gegebenheiten des Bestandsbaus haben die Mieter grosse Mitgestaltungsmöglichkeiten. Alle Räume und Flächen sind im Rohbau mit der notwendigen Grundinfrastruktur ausgebaut. Die Innenraumgestaltung machen die Mieter selber.

Zwei interessante Ankermieter

Ende 2016 war der erste Ankermieter des JED bekannt: das Schlieremer Unternehmen Zühlke, das auf Innovationsprozesse spezialisiert ist und Produkte und Anwendungen von der Idee über die Realisierung bis zum Betrieb begleitet. Zühlke beschäftigt weltweit rund 700 Mitarbeiter in der Schweiz, Deutschland, Österreich, Grossbritannien und Serbien. 500 davon arbeiten nun im JED in Schlieren. Im vergangenen Sommer bezog Zühlke die neuen Räumlichkeiten. Insgesamt 9 200 Quadratmeter. Also fast 40 Prozent der gesamten Nutzfläche. Nicolas Durville, der CEO von Zühlke Schweiz, kommentierte den Einzug ins JED wie folgt: «Unser neues Zuhause bedeutet eine enorme Chance für Zühlke als Unternehmen: Die flexible Architektur, die Offenheit des Areals und die innovative Umgebung fördern den Austausch zwischen den Mitarbeitenden, aber auch mit Kunden und Partnern. Dadurch können wir in Zukunft noch besser multidisziplinäre Kundenprojekte umsetzen und unsere Erfolge sichtbar machen.»

Die Eigentümerin des JED-Projekts verkündete im Herbst 2018, dass sie einen zweiten Ankermieter gefunden habe. Mit der Zürcher Immobilienentwicklerin Halter AG konnte für einen Grossteil der noch verfügbaren Flächen ein langfristiger Mietvertrag unterzeichnet werden. Auf einer Fläche von 5 000 Qua­dratmetern richtet der Bau- und Immobiliendienstleister seinen neuen Hauptsitz mit 200 Arbeitsplätzen ein. Damit seien bereits 75% der insgesamt 24 000 Quadratmeter vermietet, liess Swiss Prime Site Immobilien verlauten. Die Firma Halter AG ist seit 1918 im Immobilienmarkt tätig und gehört heute zu den führenden Unternehmen für Bau- und Immobiliendienstleistungen im Lande. Die Firmengruppe beschäftigt aktuell 290 Mitarbeitende an sechs Standorten und ist in vier Geschäftseinheiten gegliedert: Business Development, Entwicklungen, Gesamtleistungen und Renovationen. Das Unternehmen befindet sich in den Händen von Verwaltungsratspräsident Balz Halter, CEO Markus Mettler und weiteren Mitarbeitenden. Der Autor besichtigte mit CEO Markus Mettler und Medien- und Kommunikationschef Nik Grubenmann im November, wenige Wochen vor dem Umzug, das JED.

Entwickler mit über hundertjähriger Tradition

Was hat Halter zum Umzug bewogen? Dazu CEO Markus Mettler: «JED war für uns eine gute Gelegenheit. Unser bisheriger Standort war bezüglich Raumaufteilung suboptimal. Wir arbeiteten in einem langgestreckten Gebäude an der Hardturmstrasse in der Stadt Zürich. Es bestanden kaum Möglichkeiten sich in den Projektteams bedürfnisgerecht zu gruppieren.»

Im JED sind die neuen Arbeitsplätze aufgeteilt in Working-Lounges und Kreativzonen. In den Mittelbereichen zwischen den Arbeitsplätzen sind die Sitzungszimmer angeordnet sowie Bereiche für Rückzugsmöglichkeiten. Ein Atrium führt vertikal durch alle Geschosse und verbindet diese. Die Arbeitsbereiche sind in verschiedene Zonen unterteilt und können von den Mitarbeitenden frei belegt werden. Die Plätze sind vorgängig zu reservieren. Das bedingt eine Planung bei der Tagesgestaltung. Man muss sich also vorgängig überlegen, was mit wem und wo die Arbeiten zu tun sind, und reserviert sich den entsprechenden Platz über eine App. Dazu CEO Markus Mettler: «Solche Änderungen mögen anfangs da und dort verunsichern. Ich bin aber überzeugt, unsere Mitarbeitenden probieren die neuen Möglichkeiten mit einer Portion Neugierde aus.»