SVIT Schweiz
Veröffentlicht am 18. April 2024

Mietrecht: dringlicher Korrekturbedarf

Die Rechtskommission des Nationalrats hat eine Änderung des Mietrechts in die Vernehmlassung geschickt, mit welcher der Nachweis der Orts- und Quartierüblichkeit praktikabler ausgestaltet und die Anfangsmietzinsanfechtung auf persönliche oder familiäre Notlagen beschränkt werden soll.

Der von der nationalrätlichen Rechtskommission vorgelegte Gesetzesentwurf geht zurück auf die zwei parlamentarische Initiativen «Für Treu und Glauben im Mietrecht. Anfechtung des Anfangsmietzinses nur bei Notlage des Mieters» (16.451) und «Beweisbare Kriterien für die Orts- und Quartierüblichkeit der Mieten schaffen» (17.493) von Alt-Nationalrat und HEV-Präsident Hans Egloff. Der SVIT Schweiz stimmt der nun präsentierten Vorlage vorbehaltlos zu.

Gemäss geltendem Recht kann der Mieter eines Wohn- oder Geschäftsraums den Anfangsmietzins innert 30 Tagen nach Übernahme des Mietobjektes als missbräuchlich anfechten, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind (Art. 270 Abs. 1 OR). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts kann die Mieterschaft bei Wohnungsmangel den Anfangsmietzins unabhängig von einer persönlichen Zwangslage anfechten. Mit der Anpassung wird eine Erhöhung der Anforderungen an die Anfechtung des Anfangsmietzinses bezweckt: Zusätzlich zur Mangellage auf dem Markt für Wohn- und Geschäftsräume oder zur erheblichen Erhöhung gegenüber dem früheren Mietzins für dieselbe Sache soll immer auch eine persönliche oder familiäre Notlage gegeben sein, durch die sich die Mieterschaft zum Vertragsabschluss gezwungen sah.

Nach Artikel 269a Bst. a OR sind Mietzinse in der Regel nicht missbräuchlich, wenn sie im Rahmen der orts- oder quartierüblichen Mietzinse liegen. Für den Nachweis der Orts- und Quartierüblichkeit müssen nach geltender Bundesgerichtspraxis fünf verschiedene Vergleichsobjekte vorgelegt werden, die in Bezug auf die Lage, die Grösse, den Zustand, die Ausstattung und die Bauperiode mit dem konkreten Mietobjekt vergleichbar sind. Dieser Nachweis ist oft schwierig oder gar unmöglich. Mit der vorgeschlagenen Anpassung wird der Nachweis der Orts- und Quartierüblichkeit des Mietzinses erleichtert, indem drei zum Vergleich taugliche Objekte genügen sollen und fehlende Eigenschaften durch die richterliche Berücksichtigung anderer Eigenschaften des Mietobjekts ausgeglichen werden können. Zudem werden einzelne Merkmale kategorisiert und branchenetablierte Statistiken zugelassen.

Aus Sicht des SVIT Schweiz nehmen die beiden parlamentarischen Initiativen Aspekte des Mietrechts auf, in denen sich die Gerichte weit vom ursprünglichen Willen des Gesetzgebers entfernt haben. Darum ist eine Korrektur bzw. eine Konkretisierung durch den Gesetzgeber dringend angezeigt. Die zwei Themenkreise Orts- und Quartierüblichkeit sowie Anfangsmietzinsanfechtung stellen aus Sicht des SVIT Schweiz die wichtigsten Problemfelder in der aktuellen Rechtsanwendung im Mietrecht dar – im einen Fall, weil der Beweis der Orts- und Quartierüblichkeit faktisch nicht zu erbringen ist, im andern, weil die Vertragspartner durch tiefe Hürden geradezu motiviert werden, beim Vertragsabschluss auf einen tieferen Mietzins zu spekulieren.

Stellungnahme des SVIT Schweiz
Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats

 

Vernehmlassungen

Hier finden Sie Vernehmlassungsantworten des SVIT Schweiz zu politischen Themen, Standortpapiere und Stellungnahmen.

News

Bleiben Sie auf dem Laufenden