Immobilienpolitik
Mit der Revision der Mängelrechte im Bauwesen will der Bundesrat die Stellung vor allem privater Bauherren verbessern. Der SVIT Schweiz begrüsst die Revision und sieht darin auch eine Chance für die Schweizer Bauwirtschaft.
Von: Ivo Cathomen

Seit Jahren kritisierte Rechtslage

In einzelnen Bereichen des Rechts über die Haftung für Baumängel werden sowohl private als auch professionelle Bauherren klar benachteiligt. Zu diesem Schluss kommt der Bundesrat im Bericht zur Vernehmlassung über die Revision des Mängelrechts, die er im Auftrag des Parlaments Mitte des vergangenen Jahres an die Hand genommen hat. Zahlreiche parlamentarische Vorstösse hatten in den vorangehenden Jahren regelmässig eine Verbesserung der Rechtsstellung für Bauherren gefordert. Allerdings zeigt die Gesamtüberprüfung des Bundesrats auch, dass das geltende Bauvertragsrecht grundsätzlich praxistauglich ist und eine Totalrevision oder die Schaffung neuer Vertragstypen nicht angezeigt sind.

In seinem Entwurf sieht die Regierung folgende Änderungen vor:

  • Im Vertragsrecht zum Grundstückkauf wird die Frist für die Mängelrüge auf 60 Tage festgelegt. Allerdings handelt es sich um dispositives Recht. Das heisst, die Vertragspartner könnten eine kürzere oder längere Frist vereinbaren.
  • Käufer eines Grundstücks mit einer Baute, die noch zu errichten ist oder weniger als ein Jahr vor dem Verkauf neu errichtet wurde, können neu unentgeltliche Verbesserung verlangen.
  • Die Ansprüche des Käufers wegen Mängel des Grundstücks verjähren mit Ablauf von fünf Jahren nach dem Erwerb des Eigentums.
  • Im Werkvertragsrecht wird die Rügefrist für Mängel an einem unbeweglichen Werk in Art. 367 OR sinngemäss auf 60 Tage festgelegt.
  • Gemäss Werkvertragsrecht Art. 368 OR ist eine zum Voraus getroffene Verabredung, wonach der Anspruch auf unentgeltliche Verbesserung eingeschränkt oder ausgeschlossen ist, ungültig, wenn der Mangel eine Baute betrifft, die für den persönlichen oder familiären Gebrauch des Bestellers bestimmt ist.
  • Schliesslich wird das Handwerkerpfandrecht im Zivilgesetzbuch dahingehend konkretisiert, dass der Eigentümer eine Eintragung eines Pfandrechts abwenden kann, wenn er für die angemeldete Forderung zuzüglich Verzugszins für die Dauer von zehn Jahren hinreichende Sicherheit leistet. Gemäss geltender Rechtsprechung ist diese Zinszahlungsdauer heute unbestimmt lang.

SVIT begrüsst Entwurf im Grundsatz

In der Praxis manifestiert sich die Komplexität von Kauf- und Werkverträgen im Bau- und Immobiliensektor und die zahlreichen Fallgruben, derer sich private Einmalkäufer vielfach nicht bewusst sind und die erhebliche finanzielle Schäden nach sich ziehen können. Eine der Ursachen für die unbefriedigende Situation liegt darin, dass regelmässig private Einmalkäufer ohne Erfahrung in Bau- und Immobilienfragen einem Unternehmer gegenüberstehen, der das dispositive Recht zu seinen Gunsten gestaltet. Ein anderer Grund liegt im Nachfrageüberhang am Wohneigentumsmarkt, an dem Verkäufer die Vertragsbedingungen diktieren können.

Aus der Sicht des SVIT Schweiz rechtfertigen die Kräfteverhältnisse zwischen oft privaten Käufern bzw. Bauherren gegenüber professionellen Unternehmern sowie der erhebliche potenzielle finanzielle Schaden, dass die Stellung der Käufer bzw. Bauherren grundlegend und unabdingbar verbessert wird, ohne gleichzeitig professionelle Käufer, Bauherren oder Besteller in ihrer vertraglichen Gestaltungsfreiheit allzu stark einzuschränken. Ohne einen eigentlichen Konsumentenschutz im Bau- und Immobilienwesen zu schaffen, drängt es sich auf, die Stellung der privaten Parteien durch gesetzliche Regelungen zu stärken.

Anpassungsbedarf bei der Rügefrist

Es ist aus Sicht des SVIT allerdings nicht einzusehen, weshalb die Rügefrist weiterhin als dispositives und nicht als relativ zwingendes Recht ausgestaltet ist, womit die Frist zwar verlängert, aber nicht verkürzt werden könnte. Es ist zu befürchten, dass die betreffenden Verträge durch die Verkäufer regelmässig zuungunsten der Käufer ausgestaltet werden und so die gesetzliche Bestimmung ausgehöhlt wird. Angesichts des Nachfrageüberhangs und der Verteilung der Kräfteverhältnisse wird das dispositive Recht weiterhin dazu führen, dass Käufer die «Kröte» kürzerer Fristen schlucken müssen, wenn sie für einen Kauf überhaupt in Betracht gezogen werden wollen.

Abtretung der Mängelrechte aus der Welt schaffen

Der Bundesrat zeigt zur Praxis der Wegbedingung der Mängelrechte in Verbindung mit der Abtretung der Mängelrechte des Unternehmers gegenüber seinen Subunternehmern an den Bauherrn bzw. Käufer die vielfältigen Nachteile auf. Der SVIT begrüsst, dass diese intransparente, aber weit verbreitete Vertragspraxis mit der Revision unterbunden werden soll. Mit dem unabdingbaren Anspruch auf Nachbesserung wird der Unternehmer – in GU-/TU-Vertragsverhältnissen der alleinige Vertragspartner des Bauherrn bzw. Käufers – in die Pflicht genommen. Mit der Neuregelung wird aus Sicht des SVIT auch die Abtretung der Mängelrechte hinfällig. Der Verband regt an, dass auch die Abtretung der Mängelrechte für Bauten zum privaten Gebrauch im Gesetz explizit untersagt wird. Der SVIT Schweiz begrüsst ferner, dass die Gewährleistung beim Verkauf von bestehenden Bauten (Altbauten) nach Art. 192 ff. OR auch weiterhin wegbedungen werden kann, wie dies heute unproblematische Usanz ist.

Chance für die Bauwirtschaft

Der SVIT sieht insbesondere im Verbot der Wegbedingung der Mängelrechte eine Chance für das qualitätsbewusste Baugewerbe in der Schweiz. GU und TU werden es sich zweimal überlegen, den günstigsten, vielfach ausländischen Handwerker für die Erstellung eines Werks beizuziehen, wenn sie gegenüber dem privaten Bauherrn für die Mängel selber geradestehen müssen.

Die Vernehmlassung des SVIT Schweiz finden Sie unter: www.svit.ch/politik.